Eine Übersicht.
Schlechte Bezahlung, schlechtes Arbeitsklima, keine Weiterentwicklungsmöglichkeiten. All das sind Gründe, die bei einem Arbeitsplatzwechsel häufig genannt werden (GFK, 2011). Doch stellen Sie sich vor, was passieren würde, wenn die betroffenen Mitarbeitenden keine Kündigung aussprechen, sondern trotz Ihrer Unzufriedenheit im Unternehmen blieben. Laut der Initiative Gesundheit & Arbeit sind in Deutschland etwa 20% von der sogenannten inneren Kündigung betroffen und machen in Ihrem Arbeitsalltag nur noch „Dienst nach Vorschrift“ (Scheibner et al., 2016). Im folgenden Blogbeitrag möchten wir aufzeigen, welche Ursachen eine innere Kündigung haben kann, wie diese erkannt werden können und welche Folgen für das Unternehmen und den Mitarbeitenden daraus resultieren.

Innere Kündigung – was ist das?
Eine feste Definition für den Begriff der inneren Kündigung gibt es nicht, jedoch lässt sich der inneren Kündigung ein Verzicht auf Eigeninitiative, sowie eine mentale Distanzierung vom Unternehmen und der Arbeitsaufgabe zuschreiben (Meyer, 2021). Wichtig ist, dass die innere Kündigung als Arbeitshaltung zu verstehen ist und keine Charaktereigenschaft darstellt. Innere Kündigung ist demnach nicht mit Faulheit gleichzusetzen.
Häufig ist die innere Kündigung eine Reaktion auf den Bruch des sogenannten psychologischen Vertrages. Der psychologische Vertrag ist, im Gegensatz zum rechtlich geschlossenen Arbeitsvertrag, weder niedergeschrieben, noch zwischen den Parteien abgesprochen. Er enthält alle Erwartungen und Angebote, die Arbeitnehmender und Arbeitgebender einander zuschreiben, wie etwa Aufstiegsmöglichkeiten, Loyalität und Flexibilität. Hat der Mitarbeitende das Gefühl, der psychologische Vertrag wird vom Unternehmen nicht erfüllt, so reagiert dieser häufig mit Resignation und versucht das Gleichgewicht wieder herzustellen (IGA, 2018a).
Gründe für die innere Kündigung
Die Faktoren, die zu einer inneren Kündigung führen können, sind vor allem im Unternehmen begründet. Neben mangelnder Wertschätzung, fehlender Motivationsreize und Schwächen im Führungsverhalten können auch Konflikte im Team oder mit dem Vorgesetzten zu einer inneren Kündigung des Mitarbeitenden führen. Im Großen und Ganzen können alle nicht erfüllten Erwartungen, die der Mitarbeitende an das Unternehmen hat, Grund für eine inneren Kündigung sein. Auch eine aus Sicht des Arbeitnehmenden nicht angemessener Vergütung – für viele ein Ausdruck fehlender Wertschätzung – oder unflexible Arbeits- und Organisationsstrukturen zählen immer wieder zu den Gründen, weshalb Mitarbeitende sich nicht mehr vollständig mit dem Job identifizieren.
Auswirkungen und Anzeichen der inneren Kündigung
Die innere Kündigung als Einstellung zum Unternehmen und der eigenen Arbeitsaufgabe, ist in aller Regel kein plötzlich auftretender Zustand, sondern vielmehr ein sich langsam einstellender Prozess. Hat sich das Gefühl der inneren Kündigung bereits im Mitarbeitenden gefestigt, so kann sich die Unzufriedenheit auch auf die Arbeitsweise auswirken, sodass es für Außenstehende sichtbar wird. Neben geringer Motivation und gesunkenem Engagement, können auch die Leistungsbereitschaft und die Leistungsfähigkeit des Mitarbeitenden unter der inneren Kündigung leiden. Häufige Merkmale zur Erkennung von innerer Kündigung sind ein erhöhter Krankenstand und auch eine gewisse Gleichgültigkeit. Ist beispielsweise ein Mitarbeitender, der früher alle Unternehmensentscheidungen kritisch hinterfragt hat nun zunehmend zurückhaltend, so kann diese Passivität ein Anzeichen für eine innere Kündigung sein.
Innere Kündigung ist ansteckend
Gerade aus Sicht von Arbeitgebenden gilt es, die Problematik im Zusammenhang mit innerer Kündigung ganzheitlich zu betrachten, da sich diese nicht nur auf den Arbeitseinsatz des Betroffenen auswirkt, sondern schnell auf andere Teammitglieder überspringt. Haben sich beispielsweise die Anzahl der Krankentage eines Mitarbeitenden aufgrund von innerer Kündigung erhöht, so führt dies zu Mehraufwand in seinem Team. Der daraus folgende Stress kann wiederum zu einer mangelnden Motivation seiner KollegInnen führen und somit auch zur inneren Kündigung bei den Mitarbeitenden im übrigen Team.
Folgen von innerer Kündigung für das Unternehmen und das Individuum
Die Konsequenzen, die aus innerer Kündigung hervorgehen, sind gravierend. Auf der Ebene des Unternehmens schaden die Leistungseinbußen der einzelnen Mitarbeitenden, die innerlich gekündigt haben, der Gesamtproduktivität in einem nicht zu unterschätzenden Ausmaß. Ökonomen beziffern den volkswirtschaftlichen Schaden in Bezug auf innere Kündigung auf etwa 100 Mrd. € jährlich. Auf der Ebene des Mitarbeitenden sind die Konsequenzen in erster Linie gesundheitlicher Natur. Neben der Beeinträchtigung der psychischen Gesundheit, steigt auch das Risiko an psychosomatischen Erkrankungen oder Herz-Kreislauf-Krankheiten zu leiden. Die Folgen von innerer Kündigung entstehen demnach immer auf beiden Seiten – dem Unternehmen und dem Individuum. (Scheibner et al., 2016)

Gründe, Anzeichen und Folgen innerer Kündigung.
Was können Arbeitgebende tun?
Hat einer der Mitarbeitenden bereits innerlich gekündigt, so ist es sehr schwer und mühsam ihn wieder zurückzuholen. Hier gilt, wie auch in vielen Bereichen der Gesundheit: Vorsorge ist besser als Nachsorge. Zur Prävention von innerer Kündigung sind besonders die Kommunikation und der Austausch über Erwartungen des Mitarbeitenden wichtig. Sieht der Mitarbeitende beispielsweise keine Aufstiegsmöglichkeiten, so ist es sinnvoll Maßnahmen und Möglichkeiten in der Personalentwicklung anzugehen. Fehlt hingegen Interesse an der Arbeitsaufgabe, können im Rahmen der Arbeitsgestaltung vermehrt Teamarbeit, das vergrößern von Freiheitsgraden oder der vertrauensvolle Einsatz von eigenständigem Arbeiten eingeführt werden.

Erkennt der Arbeitgebende nun trotz Präventionsbemühungen Anzeichen einer innerlichen Kündigung bei einem der Mitarbeitenden, liegt auch hier – in der Nachsorge – der Schlüssel in der Kommunikation, um aus der Spirale der Unzufriedenheit auszubrechen (IGA, 2018b). Dabei geht es darum herauszufinden, wo genau die Ursachen für den Zustand der inneren Kündigung begründet liegen, um anschließend gegebenenfalls die richtigen Maßnahmen und Unterstützungsangebote zur Behebung dieser Unzufriedenheit einleiten zu können. Das Mitarbeitendengespräch ist dabei bereits ein erster Schritt in diese Richtung, da es dem Mitarbeitenden die Möglichkeit zur Teilhabe ermöglicht und im Optimalfall ein Gefühl der Wertschätzung vermittelt. Ziel ist es letztendlich den oben beschriebenen psychologischen Vertrag wieder ins Gleichgewicht zu bringen und den Mitarbeitenden, salopp ausgedrückt, wieder an Bord zu holen. Eine ehrliche und konstruktive Kommunikation ist dementsprechend sowohl für die Vorsorge als auch für die Nachsorge bei innerer Kündigung von hoher Bedeutung.
Fazit
Innere Kündigung – hier sind sich alle Experten einig – ist ein enormes Problem, dessen Bedeutung voraussichtlich noch zunehmen wird. Dieses Problem betrifft sowohl das jeweilige Unternehmen in Form von abnehmender Produktivität, ebenso wie die betroffenen Mitarbeitenden, die häufig gesundheitlich unter dem Zustand der starken Unzufriedenheit leiden. Umso wichtiger ist es, als Unternehmen die Gründe und Anzeichen der inneren Kündigung genau zu monitoren, um der Entstehung vorzubeugen oder gegebenenfalls entgegenzuwirken. Eine Universallösung bei der inneren Kündigung gibt es nicht, dafür ist das Thema zu komplex und vielfältig. Wichtig ist jedoch, als Unternehmen die innere Kündigung als Herausforderung ernst zu nehmen, Ursachen und Anzeichen regelmäßig zu analysieren, Führungskräfte entsprechend zu schulen und die Thematik offen anzusprechen – um gemeinsam mit den Mitarbeitenden Lösungen zu finden.
Quellen:
GFK (2011). Was wären für Sie Gründe für einen Arbeitsplatzwechsel? In Handelsblatt (Hrsg.) Nr. 239, 09./10.12.2011, S. 72. Zitiert nach de.statista.com. https://de.statista.com/statistik/daten/studie/214558/umfrage/umfrage-zu-gruenden-fuer-einen-arbeitsplatzwechsel/#professional
IGA (2018a). Der Mensch & Innere Kündigung. [Audio-Podcast]. In Initiative Gesundheit & Arbeit (iga). https://www.iga-info.de/veroeffentlichungen/igapodcast/innere-kuendigung/?fbclid=IwAR2P-EpYP5zx4qYv17pI9DuoGdLbXYmldNITrZe7S7pwWibtE-zsSrRjWPM
IGA (2018b). Die Wege heraus... aus der Innere Kündigung. [Audio-Podcast]. In Initiative Gesundheit & Arbeit (iga). https://www.iga-info.de/veroeffentlichungen/igapodcast/innere-kuendigung/?fbclid=IwAR2P-EpYP5zx4qYv17pI9DuoGdLbXYmldNITrZe7S7pwWibtE-zsSrRjWPM
Meyer, K. (2021). Eine unzufriedenstellende Organisation bekommt unzufriedenstellende Mitarbeitende: Konstruktion einer Skala zur inneren Kündigung (No. 7). iwp Schriftenreihe der FOM.
Scheibner, N., Hapkemeyer, J. & Banko, L. (2016). iga.Report 33. Engagement erhalten – innere Kündigung vermeiden. Wie steht es um das Thema innere Kündigung in der betrieblichen Praxis? Dresden: iga.
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