top of page

Warum wir immer noch ein Erkenntnisproblem im BGM haben und nicht nur ein Umsetzungsproblem.

Autorenbild: Wolfgang KöningWolfgang Köning
Wolfgang Köning, wie er erklärt, dass es kein Umsetzungsproblem im BGM gibt, sondern Erkenntnisprobleme

Seit Jahren wird im Betrieblichen Gesundheitsmanagement (BGM) davon gesprochen, dass es kein Erkenntnisproblem mehr gebe – sondern nur noch ein Umsetzungsproblem. „Wir wissen doch längst, dass Gesundheit wichtig ist!“ heißt es oft. „Jetzt müssen wir nur noch ins Handeln kommen.“ Doch genau hier liegt der Denkfehler.


Tatsächlich gibt es nach wie vor ein massives Erkenntnisproblem im BGM – und das gleich auf mehreren Ebenen. Unternehmen wissen nicht, wie gesund ihre Mitarbeitenden wirklich sind. Sie verstehen nicht, wie sich der Gesundheitszustand auf Leistung und Produktivität auswirkt. Führungskräfte fühlen sich nicht betroffen, weil ihnen die wirtschaftlichen Konsequenzen nicht transparent gemacht werden. Und wenn es darum geht, wirksame Maßnahmen zu finden, herrscht meist Orientierungslosigkeit.


Das Ergebnis? Aktionismus statt Strategie. Gesundheitsförderung bleibt ein „Nice-to-have“, anstatt als wirtschaftlicher Erfolgsfaktor betrachtet zu werden. Und solange sich das nicht ändert, wird BGM weiterhin als Kostenblock und nicht als Investition wahrgenommen.


In diesem Artikel zeige ich die meiner Ansicht nach 10 häufigsten Fehleinschätzungen, die das BGM immer noch ausbremsen – und warum es höchste Zeit ist, dass sich der Blick auf Gesundheit im Unternehmen grundlegend verändert.



 

1. „Wir haben kein Budget für BGM.“ ist kein Umsetzungsproblem.


Doch, es gibt Budgets – sie werden nur anders verteilt. Viele Unternehmen investieren in Employer Branding, Recruiting oder „Feel-Good“-Maßnahmen, während effektives Gesundheitsmanagement oft als nachrangig betrachtet wird.


Wenn etwas nichts kosten darf, liegt der Denkfehler in der Wahrnehmung als „Kosten“ und nicht als „Investition“. Denn wenn klar wäre, welchen Mehrwert BGM bringt – in Form von höherer Produktivität, geringeren Fehlzeiten oder besserer Mitarbeiterbindung –, dann hätte es das Budget. Unternehmen, die BGM als Investition statt als Kostenblock betrachten, schaffen langfristig Wettbewerbsvorteile.


2. „Unsere Mitarbeitenden haben kein Interesse an Gesundheitsmaßnahmen.“


Falsch. Mitarbeitende haben kein Interesse an Maßnahmen, die an ihren realen Bedürfnissen vorbeigehen oder nicht relevant für ihren Alltag sind. Das Problem liegt nicht in der fehlenden Nachfrage, sondern in der schlechten Passung der Angebote. Auch hier gibt es kein Umsetzungsproblem, sondern die fehlende Erkenntnis.


3. „BGM funktioniert nur in großen Unternehmen.“


Nicht wahr. Auch kleine und mittelständische Unternehmen können mit gezielten Maßnahmen nachhaltige Erfolge erzielen. Gerade in kleineren Unternehmen kann ein gut durchdachtes BGM schneller Wirkung entfalten, weil Entscheidungswege kürzer sind und direkter Einfluss auf Führung und Kultur genommen werden kann. Kein Umsetzungsproblem im BGM, sondern ErkenntnisproblemNr. 3.


4. „Führungskräfte haben keine Zeit für Gesundheitsthemen.“


Zeit ist keine Frage des Mangels, sondern der Priorisierung. Führungskräfte müssen sich nicht aktiv mit Gesundheitsmaßnahmen beschäftigen – aber sie müssen Rahmenbedingungen schaffen, die eine gesunde Leistungskultur ermöglichen.


Führungskräfte benötigen adäquate Software, mit der sie nicht nur verstehen, welche Gesundheitsfaktoren ihre Teams beeinflussen, sondern auch genau wissen, wie sie gezielt und effizient handeln können.


➡ Anstatt sich durch abstrakte Gesundheitsberichte zu kämpfen, erhalten sie somit praxisnahe, datenbasierte Handlungsempfehlungen, die sich direkt im Arbeitsalltag umsetzen lassen.


5. „Gesundheit ist Privatsache.“


Gesundheit ist eine Privatsache – solange sie nicht die Leistungsfähigkeit und das Unternehmen betrifft.


➡ Aber spätestens dann, wenn die Arbeitssysteme krank machen oder nicht ausreichend gesundheitsfördernd – und damit leistungsfördernd – gestaltet sind, wird Gesundheit zur unternehmerischen Verantwortung.


Unternehmen müssen gezielt analysieren, ob ihre Arbeitsbedingungen (z. B. Arbeitslast, Erholungsmöglichkeiten, Gestaltung der Prozesse) langfristig zu Gesundheitsproblemen und Leistungseinbußen führen. Aus Verantwortung, aber auch weil es das Gesetzt vorschreibt.


6. „Wir haben schon ein paar Maßnahmen – das reicht.“


Einzelne Maßnahmen sind kein BGM. Die meisten Unternehmen verwechseln Gesundheitsförderung mit strategischem BGM. Ein Obstkorb, ein Rückenkurs oder ein Achtsamkeitsseminar ersetzen keine ganzheitliche Strategie. Das geht schon seit 20 Jahren so - eine Besserung ist nur schwer erkennbar.


7. „Die Wirkung von BGM lässt sich nicht messen.“


Doch, sie lässt sich messen – und muss es auch.


➡ Unter Wirkungsmessung versteht sich jedoch in erster Linie nicht, wie oft angenommen:

  • Die Akzeptanz durch Mitarbeitende (z. B. Retention-Rate),

  • Der messbare Ressourceneinsatz (z. B. wie viel hat es gekostet),

  • Oder die Anzahl der Teilnehmenden an Maßnahmen.


    Die wirklich relevante Wirkungsmessung ist:

    • Wie hat sich der Gesundheitszustand verändert?

    • Wie hat sich die Leistungsfähigkeit und -bereitschaft entwickelt?


      ➡ Es ist von entscheidener Bedeutung, Messinstrumente zu installieren, die genau diese Faktoren sichtbar macht. Gesundheitsdaten müssen mit Produktivitätskennzahlen verknüpft werden, nur dann ist echte Erfolgsmessung möglich – nicht über indirekte Indikatoren, sondern über die tatsächliche Verbesserung von Gesundheit und Leistung.


8. „Unsere Arbeit ist so speziell – BGM passt nicht auf unser Unternehmen.“


Gesundheit ist universell. Die spezifischen Anforderungen und Belastungen mögen sich unterscheiden, aber die grundlegenden Mechanismen von Gesundheit und Leistungsfähigkeit gelten für alle Branchen. Entscheidend ist, Maßnahmen individuell anzupassen – nicht, sie grundsätzlich abzulehnen.


➡ Es geht nicht nur um individuelle Mitarbeiterangebote, sondern insbesondere um die ganzheitliche Beurteilung der Arbeitsumgebung und daraus abzuleitende Veränderungen.


Statt nur auf BGF-Maßnahmen (Betriebliche Gesundheitsförderung) zu setzen, müssen zuerst die grundlegenden Arbeitsbedingungen optimiert werden – nach dem Prinzip: Substitution vor technischen Veränderungen, vor organisatorischen Veränderungen, vor persönlicher Schutzausrüstung (PSA), vor individueller Gesundheitsförderung.


➡ Das bedeutet: Ein gut gestaltetes Arbeitssystem bringt automatisch allen Mitarbeitenden Nutzen, unabhängig von individuellen Maßnahmen. Eine ganzheitliche Analyse hilft, genau diese strukturellen Schwächen zu identifizieren und sinnvolle Verbesserungen einzuleiten.


9. „Wenn die Mitarbeitenden gesund sein wollen, sollen sie sich selbst darum kümmern.“


Unternehmen profitieren direkt von gesunden Mitarbeitenden.


➡ Die Haltung, dass Gesundheit eine reine Privatsache sei, ignoriert nicht nur die direkten wirtschaftlichen Folgen von Fehlzeiten, Fluktuation, Präsentismus und Leistungsabfall, sondern auch die wirtschaftliche und persönliche Verantwortung innerhalb des Unternehmens.


➡ Zudem ignoriert sie die gesellschaftliche Verantwortung von Unternehmen. Unternehmen, die langfristig erfolgreich sein wollen, müssen Gesundheit als integralen Bestandteil ihrer Nachhaltigkeitsstrategie betrachten. Ein hoher Krankenstand, hohe Fluktuation und stressbedingte Erkrankungen belasten nicht nur die Unternehmen selbst, sondern auch das Gesundheitssystem und die Gesellschaft als Ganzes.


10. „Es gibt keinen ROI von BGM.“


➡ Falsch. Studien zeigen schon lange, dass jeder in Gesundheitsmaßnahmen investierte Euro eine positive Rendite bringt.


➡ Wichtiger aber noch: Keine Einzelmaßnahme liefert hinweise zum ROI. Sie kann höchstenfalls einen Anteil zeigen. Und da ein BGM keine Ansammlung von Einzelmaßnahmen ist, liefert nur ein ganzheitliches Messinstrument, welches alle Zustände und Einflüsse einbezieht tatsächlich ein Ergbnis unter dem Strich.


 


Mein Fazit

Die Gründe, warum BGM nicht funktioniert, liegen nicht in fehlendem Budget, Desinteresse der Mitarbeitenden oder mangelndem ROI. Sie liegen in fehlender strategischer Verankerung, mangelnder Erfolgsmessung und einer falschen Wahrnehmung des Themas als „Nice-to-have“ statt als wirtschaftlicher und gesellschaftlicher Erfolgsfaktor.


➡ Mit dem Business Health Index (BHI) können Unternehmen genau diese blinden Flecken aufdecken, Kosten und Potenziale messbar machen und BGM als strategischen Erfolgsfaktor etablieren.


➡ Insbesondere Führungskräfte profitieren von einer Software, weil sie damit nicht nur Probleme erkennen, sondern direkt die passenden Lösungsansätze für ihr Team erhalten – datenbasiert, effizient und praktisch umsetzbar.


➡ Und: Unternehmen übernehmen mit einem datenbasierten, strategischen BGM nicht nur wirtschaftliche Verantwortung, sondern tragen auch aktiv zu einer gesünderen Gesellschaft bei.


Ja, wir haben unser Ziel (noch) nicht erreicht.


➡ In den letzten Jahrzehnten hat die BGM-Branche es versäumt, den Kern ihres eigenen Daseins klar herauszuarbeiten. Es galt und gilt jedoch immer noch: „BGM muss Umsatz und Ergebnis bringen, sonst macht es der Unternehmer nicht.“


Zu viel Sozialromantik, zu viel purer Glaube an Akzeptanz. Es reichte eigentlich noch nie – und in wirtschaftlich schwierigen Zeiten schon gar nicht mehr.


➡ Aber bitte: Hört auf mit leeren Versprechungen! Keine Fitnessstudio-Karte, kein Obstkorb und keine einmalige „Feel-Good“-Aktion lösen die Probleme. Unternehmen brauchen echte Strategien, nachhaltige Veränderungen in der Arbeitsorganisation und klare Kennzahlen, die zeigen, wo Hebel für Gesundheit und Leistungsfähigkeit angesetzt werden müssen.


Bleiben wir hoffnungsvoll und arbeiten weiter hart ! :-)


Herzliche Grüße,

Ihr Wolfgang Köning



 
 
 

Comments


bottom of page