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AutorenbildMichelle Sattler

Mobbing am Arbeitsplatz – auch im Homeoffice möglich

Was ist Mobbing und was kann man dagegen unternehmen?


Mobbing am Arbeitsplatz, ein vielerorts bekanntes Problem. Es wird getuschelt, wenn jemand den Raum betritt oder wieder geht. Ein Seitenhieb oder ein unangebrachter Spruch von Kollegen*innen oder seitens der Führungskraft. Viele Mitarbeiter*innen kennen dieses Phänomen und wissen sich selten zu helfen. In einer Befragung unter Erwachsenen gaben 30,1% an, bereits Opfer von Mobbing gewesen zu sein (Schneider, 2018). Mit der Homeoffice-Pflicht hoffen viele auf Besserung, doch auch im Homeoffice kann es zu Mobbing kommen – dem sog. Cybermobbing.


Doch was ist Mobbing überhaupt? Nicht gleich jede Meinungsverschiedenheit oder Kritik ist Mobbing. Mobbing liegt dann vor, wenn eine Person systematisch über einen längeren Zeitraum ausgerenzt, drangsaliert und gedemütigt wird (Deutscher Gewerkschaftsbund, 2020). Mobbing am Arbeitsplatz kann in verschiedenen Formen vollzogen werden. Beispielsweise können Informationen zurückgehalten, Fehlinformationen weitergegeben oder Lügen verbreitet werden. Eine weitere Art des Mobbens ist das "einfach übersehen werden" der Kollegschaft.


Auch wenn man zuhause im Homeoffice arbeitet, ist man nicht automatisch vor den Anfeindungen der Kollegen sicher. Die Täter fühlen sich durch die Distanz des Internets geschützt und anonym. Ihnen fällt es somit leichter, das sog. „Mobbing-Opfer“ zu demütigen und zu schikanieren. Die Täter haben dabei häufig das Gefühl, dass etwas Geschriebenes weniger diskriminierend oder verletztend wirkt wie etwas Gesprochenes im Büro (Schleicher, V., 2021).


Dementsprechend sieht Mobbing im virtuellen Raum anders aus. Eine Person auszugrenzen und nicht zum Teammeeting einzuladen und somit auch Informationen vorenthalten sind einige Beispiele für Cybermobbing. Dazu zählt ebenfalls das „sich lustig machen“, wenn die- oder derjenige etwas in einem Meeting sagt. Dies kann durch Lachen, komische Blicke oder ähnliches offensichtlich werden. Fotomontage ist ein weiteres Beispiel für Cybermobbing. Dabei wird beispielsweise das Gesicht der betroffenen Person auf ein anderes Foto montiert und dann an alle Kollegen verschickt. Für den Täter ist dies nur ein Scherz, aber für die betroffene Person kann dies sehr erniedrigend sein (Schleicher, V., 2021). Auch wenn sich mitunter Cybermobbing etwas anders darstellt als das klassische Mobbing im Büro, kann es die gleichen gesundheitlichen Schäden hervorrufen.



Abbildung 1: Welche Art von Mobbing haben Sie an Ihrem Arbeitsplatz erlebt? (eigene Darstellung nach marktforschung.de, 2008)


Mobbing schadet der Gesundheit

Immer wiederkehrende persönliche Anfeindungen erleben Mobbing-Opfer als Angriffe auf Ihre Persönlichkeit. Solche Vorfälle können Herzrasen, Schlafstörungen, Konzentrationsschwäche sowie andere Krankheitssymptome mit sich bringen (Deutscher Gewerkschaftsbund, 2020). Laut einer Studie des Bündnis gegen Cybermobbing e.V. stufen sich kanpp 12% der Betroffenen selbst als suizidgefährdet ein. Die Betroffenen kämpfen außerdem mit Depressionen, Persönlichkeitsveränderungen und mit Problemen des Selbstvertrauens. Neben den gesundheitlichen Schäden, die die Individuen erleiden müssen, kann es auch zu wirtschaftlichen Schäden im Unternehmen kommen. Opfer von Mobbing weisen doppelt so viele Krankheitstage auf, wie nicht Betroffene (Schneider, C. & Leest, U., September 2018). Außerdem kann es dazu kommen, dass die betroffene Person das Unternehmen verlässt, Entscheidungen nicht richtig getroffen werden und somit auch schlechtere wirtschaftliche Ergebnisse erzielt werden (Loga, J., 2019).


Hilfe – Was kann ich als Betroffene(r) tun?

Unabhängig davon, ob Mobbing im Büro oder im Homeoffice stattfindet, ist es wichtig sich Hilfe zu holen. Auch wenn die Möglichkeiten nicht direkt ersichtlich sind, sollte nicht erst gewartet werden, bis sich die Situation von allein klärt.

Versuchen Sie aus der Opferrolle herauszusteigen und suchen Sie das Gespräch mit einem Kollegen, einem Familienmitglied oder dem BGM-Beauftragten. Der BGM-Verantwortliche steht Ihnen dabei zur Seite und sucht gemeinsam mit Ihnen nach Lösungen. Die Beteiligten müssen das Problem erkennen und ansprechen, da ansonsten keine Gegenmaßnahmen ergriffen werden können. Sie können ebenfalls ein Tagebuch führen und alle Vorfälle dokumentieren. Dies kann Ihnen auch in den weiteren Gesprächen helfen (Schleicher, V., 2021).


Falls Sie selbst betroffen sind und nicht mit Ihrer Familie oder einer Person aus dem beruflichen Umfeld sprechen möchten, kann Ihnen ein externes Hilfsangebot helfen, stellvertretend sei hier die Telefonberatung des Bundesministeriums für Familie und zivilgesellschaftliche Aufgaben (Telefonnummer: 08000 116 016) genannt.




Mobbing als ein wichtiges Thema im Betrieblichen Gesundheitsmanagement (BGM)

Warum Mobbing ein wichtiges Thema im BGM ist, ist nicht für jede(n) auf den ersten Blick erkennbar. Das BGM jedoch, als maßgeblicher Treiber der betrieblichen Gesundheit und daher mitverantwortlich für die persönliche Gesundheit der Mitarbeiter*innen, bezieht selbstverständlich die psychische Gesundheit sowie den Erhalt oder die Verbesserung des Betriebsklimas mit ein. Durch ein ganzheitliches BGM kann Mobbing vorgebeugt oder im Falle des Auftretens wirksam sein. Falls es zu einem Mobbingfall kommt, ist es sinnvoll, die Betroffenen nicht allein zu lassen, sondern Sie zu unterstützen und eine Anlaufstelle für Mobbing zu etablieren.


In diesem Fall kann man sich im Wesentlichen an der Vorgehensweise eines Betrieblichen Eingliederungsmanagements (BEM) orientieren und diese fünf Schritte beachten:


  1. Im ersten Schritt laden Sie die betroffene Person zu einem persönlichen Gespräch ein. Dort können Sie über die vorangegangenen Vorfälle sprechen. Dieses Gespräch können Sie als BGM-Verantwortlicher entweder allein mit dem Betroffenen führen oder Sie laden auch eine Vertretung des Betriebsrats, der Personalabteilung, die Sicherheitsfachkraft oder – häufig eine gute Lösung – einen externen Experten ein. Die betroffene Person kann in jedem Fall selbst entscheiden, ob und wen sie bei diesem Gespräch dabeihaben möchte. Ebenfalls kann eine zusätzliche Vertrauensperson (Freund(in), Familienmitglied,…) bei dem Gespräch mit einbezogen werden.

  2. Als Zweites folgt das eigentliche Gespräch mit der betroffenen Person. Ein Tagebuch der betroffenen Person kann helfen, um die Vorfälle mit den Unbeteiligten genau zu besprechen. Versuchen Sie, sich in die betroffene Person hineinzuversetzen und Ihr Empfinden zu verstehen und gleichfalls die Sachlage objektiv zu überblicken. Mobbingfälle sind häufig sehr komplex. In diesem Gespräch beginnen Sie, gemeinsam nach Lösungen für die Situation suchen.

  3. Im dritten Schritt laden Sie den oder die Täter des Mobbingvorfalls zu einem Einzelgespräch ein und sprechen mit diesem über die Vorfälle. Hier suchen sie ebenfalls nach Lösungen und besprechen auch behutsam die Verbesserungsvorschläge für die Gesamtsituation, die in Schritt zwei mit der betroffenen Person erarbeitet wurden. Dieses Gespräch können Sie mit dem Täter allein führen oder nehmen ebenso einen Experten aus dem Hause oder von außerhalb hinzu.

  4. Der vorletzte Schritt ist ein gemeinsames Gespräch mit allen Parteien. In diesem Gespräch werden alle über die entsprechenden Lösungen, Regeln und Sanktionen informiert. Sie sollten die Regeln und Sanktionen, die sie vorab mit allen besprochen haben, schriftlich festhalten und allen zukommen lassen. Ohne eine für alle Seiten einvernehmliche Lösung wird der Fall nicht abgeschlossen sein.

  5. Im fünften und letzten Schritt werden nach einem bestimmten Zeitraum (nach Vereinbarung können das wenige Wochen bis sechs Monate sein) alle Personen zu einem weiteren Gespräch eingeladen. Dort soll bestimmt werden, ob weiterer Handlungsbedarf besteht und ob sich die Gesamtsituation verbessert hat. Sollte dies nicht der Fall sein, beginnen Sie erneut mit Schritt eins (Loga, J., 2019).


Expertenwissen aufbauen

Sofern Sie oder Ihre Mitstreiter*innen im BGM sich in den Themen des Mobbings im Besonderen oder in den Themen der psychischen Gesundheit im Allgemeinen nicht sicher genug fühlen, scheuen Sie sich nie, sich fachlichen Rat zu holen. Stricken Sie ein Netz von Experten, die im entsprechenden Fall explizit hochwertig unterstützen können. Gleichfalls bauen Sie schrittweise die Kompetenzen im eigenen Unternehmen auf, um möglichst frühzeitig auf Anzeichen reagieren zu können und somit überhaupt erst einen präventiven Ansatz zu führen. Vielleicht führen Sie auch bei entsprechender Expertise später selbst keine Gespräche in diesem brisanten, aber doch alltäglihen Thema. Aber Sie werden durch rechtzeitige Intervention schlimme Fälle verhindern können.

Unterstützung bieten wir in Ihnen und Ihrem Team in unseren Fachseminaren im Bereich der Psychischen Gesundheit gerne an. Sprechen Sie uns auch auf kompetente Unterstützung an, wenn Sie für sich oder Ihr Unternehmen in Einzelfällen Unterstützung benötigen.


Quellen:


Schleicher, V. (12. März 2021). Cyber-Mobbing im Home-Office: Was tun? https://www.stellenanzeigen.de/Cyber-mobbing-im-home-Office-was-tun-sde88122/


Loga, J. (2019). Mobbing Anzeige: So reagieren Sie angemessen und zielführend. https://www.safetyxperts.de/gesundheitsschutz/psychische-belastung/psychischer-arbeitsschutz/mobbing-anzeige/


Schneider, C. & Leest, U. (September 2018). Mobbing und Cybermobbing bei Erwachsenen - die allgegenwärtige Gefahr: Eine empirische Bestandsaufnahme in Deutschland, Österreich und der deutschsprachigen Schweiz. Bündnis gegen Cybermobbing e.V. https://www.buendnis-gegen-cybermobbing.de/fileadmin/pdf/studien/mobbingstudie_erwachsene_2018.pdf


marktforschung.de. (15. September, 2008). Welche Art von Mobbing haben Sie selbst an Ihrem Arbeitsplatz erlebt? [Graph]. In Statista. Zugriff am 17. Mai 2021, von https://de.statista.com/statistik/daten/studie/1834/umfrage/persoenlich-erlebtes-mobbing/

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